Drogen und Süchte im Erzgebirgskreis

Annaberg-Buchholz. Drogen sind eine Alltagserscheinung: Legale Drogen wie Alkohol und Nikotin sind allgegenwärtig. Verbotene Drogen werden trotz Verbot gehandelt und konsumiert. Riskanter Konsum und Abhängigkeit können zu schwerwiegenden gesundheitlichen Schäden und menschlichen Tragödien führen. Dabei sagt die Einteilung in legale und illegale Drogen nichts über deren Gefährlichkeit aus. Im Gegenteil: Nikotin und Alkohol schaden der öffentlichen Gesundheit in Deutschland mehr als alle illegalen Drogen zusammen. Die gesellschaftliche Verharmlosung legaler Drogen ignoriert, dass in Deutschland neben Alkoholund Nikotin auch Spiel- und Arzneimittelabhängigkeit weit verbreitet sind. Die Alkohol- und Tabakregulierung ist besonders lasch, beide Suchtmittel praktisch überall erhältlich und auch im internationalen Vergleich preiswert zu haben. Diese Ungleichbehandlung ist nicht zu rechtfertigen und die Regulierung von legalen und illegalen Suchtstoffen muss sich langfristig einander annähern.

„Drogenpolitik muss eine präventive, sachliche und glaubwürdige Aufklärung über die Wirkung und Risiken von Drogen ermöglichen. Nur so kann ein selbstverantwortlicher Umgang mit Rauschmitteln entwickelt werden. Wenn Drogenkonsum problematische Ausmaße annimmt, muss schnell und unkompliziert Hilfe geleistet werden. Statt ausreichende Mittel für präventive und therapeutische Angebote bereitzustellen, gibt Deutschland aber über 80 Prozent seiner Ausgaben im Drogenbereich für die Strafverfolgung aus.“ so die Linken-Kreisrätin Karoline Loth.

Im Erzgebirgskreis zeichnet sich ein trauriger Trend beim Alkoholkonsum ab. In den letzten fünf Jahren gingen immer mehr Erwachsene in Behandlung wegen einer Alkoholsucht. Im Jahr 2019 sind 92 und im Jahr 2020 96 Menschen aufgrund des missbräuchlichen Konsums von Alkohol verstorben. Drogen- und Medien-/Spielsüchte bleiben relativ konstant. Nachfolgend ein Überblick über die Entwicklung der Süchte im Erzgebirgskreis seit 2016:

Alkohol Während sich im Jahr 2016 1.393 Erzgebirger*innen wegen einer Alkoholsucht behandeln ließen, waren es im Jahr 2019 bereits 1.437 Personen. Die traurige Spitze bildet das Corona-Jahr 2020 mit 1.516 in Behandlung befindlichen Einwohner*innen.

Illegale Drogen Im Jahr 2016 begaben sich 710 Erzgebirger*innen in Behandlung wegen einer Drogensucht. Im Jahr 2020 waren es 703 Personen. Hierbei handelt es sich vorwiegend um Cannabis- und Chrystalkonsument*innen.

Spielsucht Die Anzahl der von Medien- oder Spielsucht Betroffenen ist mit 63 Personen im Jahr 2016 und 43 im Jahr 2020 leicht rückläufig.

Angebote zur Drogenprävention gibt es in den Suchtberatungsstellen der Altkreise einige. Insbesondere richten sich die Präventionsangebote an junge Heranwachsende im Alter von 1221 Jahren. Außerdem bietet der Erzgebirgskreis auch zahlreiche Selbsthilfegruppen.

Eine besondere Herausforderung im Erzgebirgskreis ist die Versorgungslage der Substitutionsmittelabgabestellen und ‑ärzte, außerdem gibt es keine Drogenkonsumräume. „Die Klienten müssen daher unzumutbar weite Wege auf sich nehmen, um ihr Substitutionsmittel in einer entsprechenden Arztpraxis entgegennehmen zu können, so unter anderem in Chemnitz oder Limbach-Oberfrohna.“ heißt es seitens des Landrates Frank Vogel auf eine Anfrage der Linken-Kreisrätin Karoline Loth. Unklar ist, ob Apotheken Substitutionsmittel ausgeben, dazu liegen dem Landratsamt keine näheren Erkenntnisse vor.

„Bei der Substitutionsbehandlung bekommen Abhängige ein Ersatzprodukt als so genanntes Substitutionsmittel, um einen Entzug zu umgehen. Diese Art der Therapie soll die Beschaffungskriminalität, die Sterblichkeit sowie die Begleiterkrankungen minimieren oder ganz umgehen und ermöglicht eine enge therapeutische Anbindung. Für die betroffenen Klient*innen ist es jedoch dringend erforderlich eine solche Substitutionsstelle in erreichbarer Nähe zu finden. Häufig sind sie auf Grund ihrer körperlichen Konstitution und den negativen Begleiterscheinungen oft jahrelangen Suchtmittelkonsums nicht oder nicht regelmäßig in der Lage weitere Strecken zurückzulegen, um einen Arzt aufzusuchen, der ihnen den Ersatzstoff ausgeben kann – schon gar nicht nach Chemnitz oder Limbach-Oberfrohna, wenn man beispielsweise in Johanngeorgenstadt wohnt. Deshalb sollte der Erzgebirgskreis im Bereich des Gesundheitsamtes eine Stelle schaffen, die mit einer Ärztin/einem Arzt mit Zusatzqualifikation zur Substitution besetzt wird.“ so Kreisrätin Karoline Loth.

Laut Antwort des Landrates bestehen im Erzgebirgskreis weiterhin Bedarfe an Entgiftungs- und Therapieplätzen, vor allem Notbetten bei Rückfälligkeiten oder kurzzeitigen Überbrückens bis Therapieantritt. Auch fehlt es an ambulant niedergelassenen Psychotherapeuten, mobilen Diensten und Unterstützungsangeboten wie Selbsthilfegruppen und ein spezifisches Angebot für suchtkranke Mütter mit Kindern.

- Text von Karoline Loth