Erzgebirge, deine Waffen!

Erzgebirge. deine Waffen!

Annaberg. Der Trend zur Bewaffnung im Erzgebirge hält an. Kontrollen finden dagegen eher selten statt bzw. werden die zu kontrollierenden Personen in den meisten Fällen nicht angetroffen. Aktuelle Zahlen für den Erzgebirgskreis ergeben sich aus der neuen Parlaments-Anfrage von Kerstin Köditz (DIE LINKE) im Sächsischen Landtag und Karoline Loth (DIE LINKE) im Kreistag Erzgebirge.
Anhaltend „beliebt“ sind die Kleinen Waffenscheine, die zum Führen von Schreckschusswaffen berechtigen. Deren Zahl liegt in Sachsen aktuell bei 20.169, davon 1.796 im Erzgebirgskreis. Weiterhin ist der Erzgebirgskreis auch bei der Gesamtzahl der registrierten Waffen und Waffenanteile trauriger Spitzenreiter: 20.735 bei ca. 337.696 EinwohnerInnen (Stand: 31.12.2018). Davon befinden sich 18.836 in privatem Besitz. Im Vergleich dazu liegt die Gesamtzahl der registrierten Waffen und Waffenanteile im Landkreis Zwickau bei 13.860 bei 317.531 EinwohnerInnen (Stand: 31.12.2018).
Zwar veranlasste die örtliche Waffenbehörde des Erzgebirgskreises im IV. Quartal des Jahres 2019 mit 81 Kontrollen sachsenweit die meisten Versuche zur Überprüfung der Aufbewahrung von Schusswaffen, jedoch wurden die aufgesuchten Personen bei 54 der 81 Kontrollen nicht angetroffen. Im IV. Quartal 2019 sind 5 Rücknahmen bzw. Widerrufe der waffenrechtlichen Erlaubnis aufgrund fehlender Zuverlässigkeit positiv hervorzuheben.
Weiterhin wurden im Erzgebirgskreis im gesamten Jahr 2019 10 Waffen als „abhanden gekommen durch Straftat“, z.B. Diebstahl, gemeldet. Dem Landratsamt liegen leider keine Schätzungen zu Dunkelziffern hinsichtlich nicht registrierter Waffen und damit illegaler Schusswaffen vor.
Auch Anhänger*innen der rechten Szene gelangen sachsenweit verstärkt an Waffen. 99 Personen werden in Sachsen von Amts wegen der rechten Szene zugerechnet und besitzen eine waffenrechtliche Erlaubnis, auch davon leben die meisten – 19 Personen – im Erzgebirgskreis.
Der sächsische Koalitionsvertrag sieht zum Punkt Waffenrecht folgendes vor: „Waffen gehören nicht in die Hände von Verfassungsfeinden und unzuverlässigen Personen. Deshalb werden wir die kommunalen Sicherheitsbehörden verstärkt dazu motivieren, bei der Erteilung bzw. Versagung und dem Entzug der Waffenbesitzkarte, aber auch im Rahmen der nachgelagerten Kontrolltätigkeit ihre Anstrengungen zu erhöhen.“ Auf Nachfrage, wie dies in Zukunft im Erzgebirgskreis umgesetzt wird, verwies Herr Landrat Vogel auf die Umsetzung des Erlasses des sächsischen SMI vom 01. November 2016 zur waffenrechtlichen Unzuverlässigkeit von „Reichsbürgern“ sowie auf die Maßnahmen zur Umsetzung des BverfG vom 17. Januar 2017 zum Verbotsantrag der NPD mit dem Hinweis, dass sobald entsprechende Voraussetzungen für einen Widerruf oder eine Rücknahme der waffenrechtlichen Erlaubnis gegeben waren, die vorgesehenen Maßnahmen erfolgten, dass betroffene Personen keine legalen Schusswaffen mehr besitzen.
Zum 31.12.2019 sind im Erzgebirgskreis 11.228 Waffen im Nationalen Waffenregister mit dem Bedürfnisgrund „Sportschütze“ registriert. Davon lagern „nahezu alle“ ihre Waffen innerhalb ihrer privaten Räumlichkeiten. Die schrecklichen Taten im Juli 2015 bei denen zwei Menschen ums Leben kamen, im Januar 2020 als sechs Mensch getötet wurden und nun in Hanau bei denen 11 Menschen durch Schusswaffen ums Leben gebracht wurden, haben mindestens eine Gemeinsamkeit – die mutmaßlichen Täter besaßen die Schusswaffen mit denen sie töteten auf legale Weise. Es stellt sich die Frage, ob die örtlichen Waffenbehörden personell und finanziell ausreichend genug ausgestattet sind, um mit der steigenden Bewaffnung Schritt halten zu können. Auch die Frage, warum die Waffenträger der aktuellen Geschehnisse, teilweise aus rassistischen Gründen, legal Waffen besitzen konnten, wird die Politik und die zuständigen Behörden noch intensiv beschäftigen. Einhergehend damit muss auch der Gesetzgeber dringend die Benennung von Gründen für die Beantragung eines Kleinen Waffenscheins bzw. eines Bedürfnisses danach erfragen, denn dies ist aktuell nicht der Fall.
Die Gründe für die zunehmende Bewaffnung sind vielschichtig und offensichtlich auch Folge der Panikmache durch Law-and-Order-Politik von rechten Hetzern, wie bspw. der AfD. Die immer weitere Verbreitung von Waffen in privater Hand führt nicht zu mehr öffentlicher Sicherheit, sondern zu weniger. Denn offensichtlich ist nicht jeder, der einen Waffenschein bekommt, wirklich dafür geeignet.

Mit einem freundlichen Glück auf,
Karoline Loth